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Prag Rudniker

Prag Rudniker Korbwaren-Fabrication

Die „Prag-Rudniker Korbwaren-Fabrication” nahm ihren Anfang 1877 in Rudnik (Galizien), wo Ferdinand Ernst Graf Hompesch eine Korbflechterschule gründete. Der Vertrieb der Produkte wurde den Prager Kaufleuten Karl und Josef Kraus übertragen. Karl und Josef Kraus gründeten schließlich die „Prag-Rudniker Korbwaren-Fabrication”, die 1886 im Handelsregister eingetragen wurde. Die Hauptniederlassung befand sich in Prag und wurde 1910 nach Wien verlegt, wo sich schon seit Gründung eine Niederlassung in der Mariahilferstraße in Wien befunden hatte.

Prag-Rudniker stieg rasch zu einem großen Handelsunternehmen auf, das sich selbst als „größte Firma des Kontinents in Korbwaren” rühmte. Der Betrieb beschäftigte rund 2500 Angestellte und hatte Fabriken in Budapest, Prag, Rudnik und Wien. Die Firma hatte weiters Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, England, dem Nahen Osten und den USA und war somit weltweit vertreten.

Während Prag-Rudniker vorerst seine Produktion noch stark an englische und amerikanische Vorbilder anlehnte, entschloss sich die Möbelmanufaktur zur Jahrhundertwende, als erstes Unternehmen im Bereich der Korbwarenproduktion von Künstlern entworfene Serienmodelle auszuführen, wie dies einige Jahre zuvor die Manufakturen Gebrüder Thonet und J. & J. Kohn im Bereich der Bugholzfabrikation taten. Die neuartigen Korbmöbel Rudnikers führten zu einer völlig neuen Einschätzung dieser Arbeiten, da sie nun keine anonymen Gebrauchsgegenstände mehr waren, sondern in Kunstzeitschriften publiziert und in Ausstellungen präsentiert wurden.

Als maßgeblicher Entwerfer im Unternehmen war Hans Vollmer (1879-1946), ein Schüler Josef Hoffmanns, ab 1901 beschäftigt, der die Formen von Quadrat und Kubus in das Korbmöbeldesign einbrachte. Neben Weidenruten wurde auch Peddigrohr (auch Rattan oder Rottang bezeichnet) verwendet, das aus Palmen gefertigt war. Die Rahmenkonstruktion wurde aus heimischem Rustenholz (Ulme), einem besonders harten und elastischen Holz, hergestellt.

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Um 1900 begann die Firma schließlich auch eine neue Produktionsreihe mit der Kombination von Holz und eingeflochtenen Flächen. Anregungen dafür kamen erneut aus dem angelsächsischen Raum und gaben Anlass für verschiedenste Stuhlvarianten. So erinnert beispielsweise einer der Schaukelstühle an ein Modell des amerikanischen Künstlers Gustav Stickley (1858-1942).

Als sich Vollmer 1905 als Architekt selbständig machte, trat Wilhelm Schmidt (1880 - nach 1928) seine Stelle als Hauptentwerfer von Prag-Rudniker an und wurde 1903 in „leitende Stellung” berufen: „… der größte Teil der reizenden und soliden Möbel dieser Firma ist von Schmidt entworfen. Es handelt sich dabei keineswegs bloß um Möbel aus Flechtwerk, sondern es ist gerade an den besseren Stücken ein gut Teil Tischlerarbeit zu leisten.”

Schmidt, ebenfalls seit 1901 im Unternehmen, hatte so wie Vollmer seine Ausbildung bei Josef Hoffmann erhalten. Daher verwundert es nicht, dass auch bei ihm der geometrische Körper eine wichtige Rolle einnimmt.

Neben Vollmer und Schmidt kann auch Koloman Moser als einer der bedeutendsten Entwerfer von Prag-Rudniker genannt werden. Es handelt sich um mehrere Stuhlmodelle in geometrischen Grundformen mit schachbrettmusterartigen Bespannungen, die auch bei der Klimt-Ausstellung in der Secession im Jahr 1903 Teil der Einrichtung waren. Dort war auch das schwarz-weiße Fauteuilmodell zu sehen, das im Sanatorium Purkersdorf Verwendung fand und ebenfalls Kolo Moser in Zusammenarbeit mit Josef Hoffmann zugeschrieben wird. Das Flechtwerk ist dabei auf die Sitzfläche reduziert worden. Es handelte sich dabei offensichtlich um eine Sonderanfertigung, die nicht in die Serienproduktion von Prag-Rudniker aufgenommen wurde.

Prag-Rudniker-Möbel waren wiederholt Gestaltungselemente in Ausstellungsräumen. Modelle ohne textile Polsterungen waren als „Veranda- und Vorplatz-Möbel” konzipiert, gepolsterte Sitzmöbel für „Empfangs- und Konversations-Räume”. Diese wurden oft auf Teppichen präsentiert, die ebenfalls im Angebot der Firma zu finden waren. Die Stoffe der Polsterungen stammten meist von der Wiener Firma Backhausen & Söhne.

Neben Privatkunden waren vor allem Hotels, Restaurants und Sanatorien Hauptabnehmer des Möbelsortiments, das Krankenliegen ebenso beinhaltete wie Schaukelstühle, Strandkörbe, Ofenschirme, Papier- und Wäschekörbe und Kindermöbel.
In Folge erweiterte Prag-Rudniker das Angebot um Holzmöbel ohne Flechtelemente, teilweise weiß lackiert, und Besonderheiten, wie Holzmöbel mit Raffaschnüren bespannt, Wandverkleidungen aus Spangeflecht und Gartenzelte.

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Im Firmenkatalog, der um 1910 erschien, betonte die Firma die „Neuheiten, die nach Entwürfen erster Wiener Künstler ausgeführt sind”.

Neben Adolf Holub (1882-?), Joseph Urban (1872-1933) und Otto Prutscher (1880-1949) konnte um 1909 noch Josef Zotti (1882-1953) als neuer wichtiger Entwerfer gewonnen werden. Der Wandel, der sich in dieser Zeit im Wiener Kunstgewerbe vollzog, ging von einer strengeren geometrisch-konstruktiven Formensprache hin zu einer dekorativeren Gestaltungsweise und hielt auch bei den Möbelentwürfen Einzug.

Der große Erfolg Prag-Rudnikers lockte selbstverständlich Konkurrenten an, die jedoch dem Unternehmen seine führende Position nicht wirklich streitig machen konnten. Die Firma „Prag-Rudniker Korbwaren-Fabrication” bestand bis ins Jahr 1965.

Ausgewählte Literatur:

  • Das Interieur, Wiener Monatshefte für Wohnungsausstattung und angewandte Kunst, Wien, Bd.4, 1903, S.201-208.

  • Paul Stefan: Architekt Wilhelm Schmidt, in: Illustrierte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration, Darmstadt, Bd. XVII, 1908, S.140-154.

  • V. J. Behal: Die „Prag-Rudniker Korbwaren-Fabrication”; in: bauforum 129/1988, S.37-39.

  • Eva B. Ottillinger, Korbmöbel, Salzburg-Wien 1990, S. 99-118.